Turiner Autobauer verlangt 3 Mrd. Euro zur Streichung der Verkaufsoption
In Zürich beginnen am Dienstagnachmittag entscheidende Verhandlungen um die Zukunft des italienischen Autokonzerns Fiat. Fiat-Chef Sergio Marchionne und der Geschäftsführer der Autosparte der italienischen Gruppe, Herbert Demel, treffen in einem Zürcher Luxushotel mit der Nummer Eins von General Motors (GM), Richard Wagoner, und mit dem Finanzdirektor der Gruppe, John Devine, zusammen, um über die vor knapp fünf Jahren vereinbarte Option zum Kauf von Fiat Auto zu diskutieren.
Nach knapp vier Jahren scheint die Ehe zwischen dem Detroiter Koloss und dem angeschlagenen Turiner Autobauer am Ende angelangt. Im Jahr 2000 hatte Fiat rund 20 Prozent seiner Anteile an Fiat Auto an GM verkauft und zusätzlich eine Option zum Verkauf der restlichen 80 Prozent an den US-Konzern vereinbart. Vergangenes Jahr hatten sich Fiat und GM darauf geeinigt, den frühesten Termin für die Ausübung der Option um ein Jahr auf den 24. Jänner 2005 zu verschieben.
Zwischen den beiden finanziell belasteten Autoherstellern besteht aber mittlerweile Uneinigkeit über die Gültigkeit der getroffenen Vereinbarung. Durch eine Kapitalerhöhung hat sich die Beteiligung von GM an Fiat Auto inzwischen auf zehn Prozent reduziert. Der weltgrößte Autokonzern GM, der in Europa etwa bei Opel selbst rote Zahlen schreibt, behauptet daher, die Verkaufsoption sei wegen der Kapitalmaßnahmen nicht mehr gültig. Die Rekapitalisierung im Rahmen des Fiat-Rettungsplanes sei absolut legitim gewesen, halten die Italiener dagegen.
Um einen Krieg mit rechtlichen Folgen zu verhindern, ist GM nach Angaben der Mailänder Wirtschaftszeitung "Sole 24 Ore" (Dienstag-Ausgabe) bereit, 500 Mio. Euro auszugeben, um sich von Fiat zu verabschieden. Der Turiner Autobauer, der gegen eine hohe Verschuldung kämpft, verlangt mindestens drei Mrd. Euro. Trotz umfangreicher Umstrukturierungen hat Fiat Auto in den ersten neun Monaten 744 Mio. Euro Verlust gemacht.
Inzwischen ist die Zahl der in der EU zugelassenen Fiat-Autos im November um sieben Prozent auf 77.166 Autos gesunken. In den ersten elf Monaten dieses Jahres kletterten die Zulassungen um 0,1 Prozent auf 990.576 Autos. Der Marktanteil des Turiner Autobauers in der EU betrug im November 6,8 Prozent. Im November 2003 waren es noch acht Prozent gewesen.
Das Thema Fiat beschäftigt auch die italienische Regierung. Die Regierung verlangt Garantien, dass die Fiat-Produktion in Italien bleibt, auch wenn der Besitzer wechseln sollte. Die Lage des Turiner Konzerns, der in den vergangenen zwei Jahren in Italien über 6.000 Arbeitsplätze gestrichen hat, belastet Berlusconi. Der Ministerpräsident, der 2006 auf die Wiederwahl hofft, wird von Gewerkschaften und Opposition wegen der Krise der italienischen Großindustrie schwer unter Druck gesetzt.
Quelle: Tirol Online