Renault will Fusionspläne mit Nissan neu beleben und denkt schon an weitere Übernahmen - handelsblatt.de, 27.03.2019
Renault nimmt angeblich eine Rückkehr zur Strategie des abgesetzten Renault-Chefs Carlos Ghosn in Angriff – und denkt größer als nur an die Fusion mit Nissan.
Der französische Autobauer Renault will einem Zeitungsbericht zufolge ins Rennen um die globale Marktführerschaft einsteigen und nimmt Übernahmen ins Visier. Dazu will Renault zunächst die Gespräche über eine Fusion mit Nissan innerhalb der nächsten zwölf Monate wieder aufnehmen. Das berichtet die „Financial Times“ (FT).
Demnach wäre die Allianz mit Nissan aber nur ein erster Schritt, um sich im globalen Wettbewerb mit Konkurrenten wie VW oder Toyota besser zu positionieren: Danach wolle Renault die Übernahme eines weiteren Autobauers ins Auge fassen. Wunschkandidat der Franzosen ist der „FT“ zufolge Fiat Chrysler Automobiles (FCA). Nissan und Renault lehnten eine Stellungnahme zu dem Bericht gegenüber dem Handelsblatt ab. Bei Fiat Chrysler war zunächst niemand zu erreichen.
Die Pläne signalisierten eine Rückkehr zu den Strategien des abgesetzten Renault-Chefs Carlos Ghosn, der vor zwei bis drei Jahren Gespräche mit Fiat Chrysler über ein Zusammengehen geführt habe. Die französische Regierung habe das Vorhaben damals nicht unterstützt, deshalb sei es gescheitert.
Ghosn war wegen des von Nissan geäußerten Vorwurfs des finanziellen Fehlverhaltens Ende vergangenen Jahres in Japan verhaftet worden und wartet auf seinen Prozess, der Medienberichten zufolge im September beginnen soll. Der neue Renault-Verwaltungsratschef Jean-Dominique Senard ist bemüht, die Allianz mit Nissan und Mitsubishi auf neue Beine zu stellen.
Die Frage ist, wie die vermeintlichen Pläne für eine Fusion und einen Zukauf in der neuen Allianzführung funktionieren könnten. Denn die Konzerne sind rechtlich unabhängig.
In der Vergangenheit hatte Carlos Ghosn dieses Governance-Problem dadurch gelöst, dass er beide Autobauer in Personalunion führte. Strittige Entscheidungen focht er damit oft innerhalb seines Kopfes aus. Damit war die Allianz zu schnellem Handeln in der Lage, wie die Kapitalbeteiligung Nissans an Mitsubishi Motors zeigte.
Die Unternehmen hatten schon länger kooperiert. Als Mitsubishi Motors dann erneut von einer Krise gefährdet wurde, kaufte Nissan rasch 34 Prozent der Anteile. Seither kämpft die Allianz auf Augenhöhe mit VW und Toyota um den Titel des weltgrößten Herstellers.
In der Zukunft sind die Entscheidungsprozesse allerdings komplexer. So verkündeten Renault, Nissan und der dritte Allianzpartner Mitsubishi Motors gerade erst, dass sie den Autobund künftig durch einen kleinen Allianzrat steuern wollen. Mitglieder sind die drei Konzernchefs des Trios sowie als Vorsitzender Renaults Verwaltungsratchef Jean-Dominique Senard.
Die Mitglieder versicherten, dass sie Beschlüsse einmütig fassen wollten. Schon das ist eine Hürde. Zudem gehen Insider davon aus, dass dort geschlossene weitreichende Beschlüsse danach noch von den Konzernvorständen abgesegnet werden müssten.
Dies könnte Entscheidungswege verlängern. Denn besonders in der Frage der Fusion stoßen Interessen aufeinander. Renault ist zwar mit seinem 43-prozentigen Aktienanteil an Nissan in Sachen Kapitalbeteiligung der mächtigere Partner.
Nissan hält nur 15 Prozent der Renault-Aktien, die zudem ohne Stimmrecht sind. Aber Nissan hat weit mehr Umsatz, ist der technische Motor der Allianz und hat bei Mitsubishi Motors das Sagen. Vor einer Fusion müssten daher wahrscheinlich die gegenseitigen Aktienpakete neu verteilt werden, damit Nissan den Schritt mitginge.
Fiat Chrysler in Gesprächen mit PSA
Fiat Chrysler gilt in der Branche als Übernahmeziel, ist derzeit aber wohl auch aktiv auf Partnersuche. Zuletzt soll der italienisch-amerikanischen Autokonzern über eine Fusion mit der französischen PSA verhandelt haben. Der FCA-Vorstandsvorsitzende Mike Manley hat mehrfach betont, dass Fiat Chrysler offen für Fusionen ist, „wenn sie uns die Möglichkeit zum Wachsen geben.“
Schon unter dem 2018 verstorbenen Fiat-Chef Sergio Marchionne war eine Fusion immer wieder ein Thema. Marchionne hatte mal bei General Motors angeklopft, aber eine Abfuhr kassiert.
PSA scheint aufgeschlossener zu sein. PSA-Chef Carlos Tavares will vor allem die Abhängigkeit seines Konzerns vom europäischen Markt reduzieren. Durch eine Fusion mit FCA könnte der für seine Ungeduld berüchtigte Tavares rasch Marktanteile in den USA gewinnen.