Iveco gibt Gas - augsburger-allgemeine.de, 29.06.2016
Im Donautal eröffnet die erste Lastwagen-Tankstelle für Erdgas in Deutschland. Warum das ein gutes Zeichen für den Entwicklungsstandort Ulm
Feierlich mit knallenden Sektkorken präsentierten die Verantwortlichen aus der Iveco-Chefetage ihr neuestes Fahrzeug vor dem Werktor im Donautal. Bemerkenswert dabei ist, dass der 400 PS-Motor der erste für den Fernverkehr ausgelegte Erdgasantrieb ist. Bis zu 1500 Kilometer Reichweite versprechen die Entwickler und schließen damit zu den Leistungen der konventionellen Dieselfahrzeuge auf.
Für Iveco–Vorstandsmitglied Gianalberto Lupi ist Deutschland, wenn es um erdgasbetriebene Lastwagen geht, noch ein Entwicklungsland. Dabei sei die Technik in Italien oder Spanien bereits jetzt schon zur Erfolgsgeschichte geworden.
Aber im Vergleich dazu suchen Brummifahrer in Deutschland noch immer vergeblich nach einer Tankstelle für flüssiges Erdgas (LNG).
Das soll nun mit der ersten Möglichkeit, die gasbetriebenen Zugmaschinen im öffentlichen Raum aufzutanken beendet sein. Wenn auch der schmucklose und eingezäunte 35000-Kilo-Behälter auf dem Parkplatz an der Nicolaus-Otto-Straße wenig mit den bunt beleuchteten Tankstellen an Autobahnen und Bundesstraßen zu tun hat, sehen die Verantwortlichen des Projektes ein hohes Entwicklungspotenzial.
In Zusammenarbeit mit dem Energiehändler Uniper wurde im Donautal der Grundstein für ein flächendeckendes Netzwerk an LNG-Tankstellen geleg. Für den Iveco-Geschäftsleiter Sascha Kaehne ist der Bedarf an neuen Energieträgern auch im Schwerlastverkehr unumstritten. Schließlich würden Prognosen zahlreichen Studien einen Anstieg der Fahrzeuge von 40 Prozent im Straßenverkehr voraussagen: „Für unsrer Alternative gibt es keine Alternative“, sagt Kaehne und nannte als Beispiel die Volksrepublik China, in der jetzt schon mehr als 2000 LNG-Tankstellen in Betrieb seien.
Für Sascha Kaehne von Iveco ist die Neueröffnung in Ulm deshalb ein Meilenstein: „Wir freuen uns, am Entwicklungsstandort Ulm zusammen mit Uniper in Deutschland den ersten Schritt hin zu einer wirklichen Dieselalternative tun zu können. Der Neue Stralis NP ist in Europa jetzt das erste LNG-Fahrzeug, das auch im Fernverkehr für den Fahrer und den Unternehmer uneingeschränkt taugt.“
Die italienische Firma Iveco hatte bis 2012 in UIm Lastwagen produziert – der Standort geht auf die traditionsreiche Firma Magirus zurück. Dann wurde die Produktion nach Spanien verlagert, in Ulm blieb die Brandschutzsparte Magirus, die noch deutlich ausgebaut wurde. Aber auch das Thema Lastwagen ist in Ulm weiter präsent. Der Iveco-Mutterkonzern, der aus Fiat hervorgegangene Konzern CNH Industrial mitteilte, verlagerte sämtliche Produktmarketing- und Planungsaktivitäten nach Ulm – einschließlich der Entwicklungsabteilung mit LKW-Teststrecke. Diese Tätigkeiten waren zuvor in Turin angesiedelt. Beobachter sehen in den Erdgas-Aktivitäten im Donautal ein gutes Zeichen für den Bestand der Entwicklungsabteilung in Ulm. Immer wieder waren zuvor Gerüchte zu hören gewesen, auch die Entwicklung könnte der Produktion nach Spanien folgen.