Kein Geld für Emotionen: Warum es bei Fiat nicht vorangeht - focus.de, 23.03.2015
Der Fiat-Konzern hat sich in den vergangenen Jahren mehr mit der Neuordnung seiner Unternehmensstruktur als der Entwicklung neuer Modelle beschäftigt. Nicht nur bei der Kernmarke Fiat fehlen dringend neue Varianten.
Viele Amerikaner haben es immer noch nicht begriffen, dass das uramerikanische Markenpaket aus Jeep, Dodge und Chrysler längst in Fiat-Hand ist. Der alles andere als finanzstarke Fiat-Konzern schnappte sich in finanziell günstigen Zeiten die humpelnden Amerikaner und kreierte unter dem hemdsärmeligen Sergio Marchionne einen eindrucksvollen Weltkonzern mit Namen Fiat Chrysler Automobiles, der seinen Hauptsitz längst nicht mehr in Italien, sondern in London beziehungsweise Amsterdam hat.
Chrysler rettet Fiats Bilanz
Im Gegensatz zu Dieter Zetsches Daimler-Desaster mit Chrysler bewies der Italo-Kanadier Marchionne dabei ein glückliches Händchen. Dank der Chrysler-Verkäufe in den USA sind die chronisch klammen Kassen des italienischen Autobauers langsam wieder etwas besser gefühlt. Doch Firmenchef Sergio Marchionne ist mit seinen Umbauplänen offenbar noch lange nicht am Ende. Unlängst enthüllte der passionierte Pulli-Träger, dass er durchaus offen für Kooperationen mit Marken wie Ford oder GM sei.
Nicht ganz so begeistert ist er von der Idee, sich mit Peugeot oder Volkswagen die wirtschaftliche Bettdecke zu teilen. Gerade auf Volkswagen ist Marchionne nicht gut zu sprechen, macht doch Konzern-Patriarch Ferdinand Piech seit vielen Jahren keinen Hehl daraus, dass er sich Alfa Romeo einverleiben will.
Alfa nur noch ein Schatten seiner selbst
Diesem Ansinnen hat Sergio Marchionne mehr als einmal eine kraftvolle Absage erteilt. Also dümpelt der ehemals stolze Sportwagen-Hersteller derzeit eher als Schatten seiner selbst vor sich hin, lebt von seiner emotionalen Historie und seinen unerschütterlichen Anhängern. Neue Modelle, die aus diesem Kapital wirtschaftlichem Nutzen ziehen wollen, blieben bisher aus. Nach dem sportlichen Alfa Romeo 4C warteten die Fans vergeblich ein weiteres neues Auto, das dieses Lebenszeichen verstärkt. Immer wieder haben die Italiener neue Pläne aus der Schublade gezaubert, die nach ein paar Monaten durch neue ersetzt wurden. Der letzte sieht eine Reanimation mit fünf Milliarden Dollar und acht neue Modelle bis 2018 vor. Darunter auch ein SUV und ein 159er-Nachfolger, der nunmehr im Sommer vorgestellt werden soll. Woher das Geld für die Modell-Finanzspritze und den Blumenstrauß neuer Modelle kommen soll, bleibt weiter unklar.
Das Motto der jüngsten Strategie lautet offenbar „zurück zu den Wurzeln“, so sollen nach dem Willen Marchionnes alle Alfa-Romeo-Modelle aus Italien kommen. Das bedeutet auch das Alfa-Aus für den kleinen Spider, der auf der Architektur des Mazda MX-5 basieren sollte . Jetzt soll dem Verneh men nach ein Fiat Abarth Cabrio von der modernen Technik des Japaners profitieren. Ob das der richtige Weg ist, darf zumindest bezweifelt werden.