Liebes-Aus nach 20 Monaten - wiwo.de, 19.07.2011
Die Partnerschaft von Volkswagen und Suzuki ist schon zerrüttet, obwohl sie noch gar nicht richtig begonnen hatte. Schade, aber nicht tragisch, meint WirtschaftsWoche-Redakteur Martin Seiwert. Andere Mütter haben auch schöne Töchter – und sie stehen bei Suzuki und Volkswagen schon vor der Tür.
Lange hat das Liebesglück wahrlich nicht gedauert. Gerade mal eineinhalb Jahre alt ist die Liaison von Volkswagen und Suzuki, und schon fliegen die Fetzen. Erst bemängelte VW-Chef Martin Winterkorn öffentlich, dass die deutsch-japanische Allianz nur langsam vorankomme. Nun keilt Suzuki-Manager Yasuhito Harayama zurück: „Wir denken, dass wir alles in Frage stellen müssen, auch was die Beteiligungsverhältnisse angeht“.
Da scheint eine Beziehung zu enden, bevor sie richtig begonnen hat. Denn zu viel mehr als einem ersten Beschnuppern ist es bei dem ungleichen Paar nicht gekommen. „Die Japaner wollen unsere Technik, halten sich aber selbst extrem bedeckt“, meckerte ein VW-Manager schon vor Monaten im Gespräch mit der WirtschaftsWoche.
Entsprechend zäh kommen die geplanten Kooperationen voran. Wie man mit preiswerten Kleinwagen ordentlich Gewinn machen kann, haben die Japaner den VW-Technikern noch nicht verraten. Die Entscheidung über den gemeinsamen Bau eines Kleinwagens für Indien, China und die anderen Wachstumsmärkte Südostasiens ist in weite Ferne gerückt. Schlimmer noch: Die ehrgeizigen Wachstumspläne von Suzuki nicht nur für den chinesischen Markt lassen die VW-Manager um ihre Marktanteile fürchten.
VW ist für viele ein interessanter Partner
Das Fatale an der Beziehung: Wirklich angewiesen sind die beiden nicht aufeinander. Für beide laufen die Geschäfte gut, beide werden auch von anderen möglichen Partnern umworben und bei beiden stehen stolze Patriarchen an der Spitze. Da reift sehr schnell die Erkenntnis, dass andere Mütter auch schöne Töchter haben.
Abgesehen von einigen Baustellen bei Porsche, MAN und Seat läuft für die Wolfsburger alles rund. Und auch Suzuki geht es, trotz des furchtbaren Erdbebens in Japan, prima. Während Nissan kürzlich dem Konkurrenten Toyota folgte und die Absatzprognose für das laufende Geschäftsjahr senkte, peilt Suzuki ein Plus von 11 Prozent an. Bereits im Juli will der Autobauer 90 Prozent der üblichen Produktion erreichen. Der Nettogewinn soll bis Ende des Jahres um rund zehn Prozent steigen.
Für derart starke Unternehmen ist es ein Leichtes, Partner ist der Industrie zu finden. „In das weiche Bett des Volkswagen-Konzerns wollen momentan viele“, sagte Winterkorn der WirtschaftsWoche unmittelbar nach Bekanntwerden der Partnerschaft mit Suzuki. Es gebe mehrere Unternehmen, die bei VW anklopften, so Winterkorn selbstbewusst. „Mancher möchte gerne zu uns, weil er sieht, dass wir strategisch gut unterwegs sind.“
Die Giftpfeile fliegen
Um ja nicht in den Verdacht zu geraten, einer dieser Bittsteller zu sein, trieb Suzuki in den vergangenen Monaten mit großem Elan seine Partnerschaft mit Fiat voran. Ab 2013 wird Fiat dem Autobauer einen 1,6-Liter-Dieselmotor für ein neues Modell liefern, das in Ungarn gebaut wird. Seit nunmehr fünf Jahren bekommen die Japaner schon einen Zwei-Liter-Diesel aus Italien, der in einem Suzuki-Geländewagen zum Einsatz kommt. Außerdem fertigen die Japaner in Indien einen Fiat-Dieselmotor.
Was wohl Winterkorn davon hält? Ende 2009 hatte er über den damals neuen Partner Suzuki gesagt: „In einem ersten Schritt werden wir bei Dieselmotoren zusammenarbeiten“.
Vor diesem Hintergrund hat die jüngste Drohung Harayamas durchaus Gewicht: „Wenn nötig, werden wir andere Allianzen formen, etwa wie jene mit Italiens Fiat“, giftete er in Richtung Wolfsburg.
Auch wenn VW heute Berichte über zunehmenden Ärger innerhalb der Partnerschaft dementiert und auf die umfangreichen Verträge mit Suzuki verweist – die Beziehung steht auf der Kippe. In 20 Monaten haben die Unternehmen fast nichts erreicht, aber dafür um so mehr Porzellan zerschlagen.