Journey heißt jetzt Freemont – und auch sonst ändert sich viel
Dodge floppte mit dem Versuch, seinen Van Journey in Europa zu etablieren. Nun wagt Fiat den zweiten Anlauf: Mit dem Billig-Ami hat der Freemont nur noch wenig zu tun.
Einst drehten die Italiener Filme unter dem uramerikanischen Label "Wild West" – legendäre Spaghetti-Western waren darunter, etwa Spiel mir das Lied vom Tod. Beim Freemont von Fiat läuft es dagegen umgekehrt: Der Autobauer nimmt sich einen Van der Chrysler-Marke Dodge – den Journey – und macht ihn für den europäischen Markt zum Fiat Freemont.
Doch anders als anfangs befürchtet kleben die Italiener keineswegs nur das Fiat-Logo auf den Journey. Die Ingenieure und Designer haben sich den US-Van gründlich vorgeknöpft und binnen eines Jahres Entwicklungsarbeit ein weitgehend europäisches Auto aus ihm gemacht. Wohl gut so, denn schon einmal ist das Experiment "Journey to Europe" gründlich schief gegangen. Vor ein paar Jahren, noch als Folge der 2007 geschiedenen Daimler-Chrysler-Ehe, kam der Journey nach Europa – damals aber kaum verändert zur US-Ausgabe und entsprechend schwer verkäuflich. Über das gesamte Jahr 2009 wurden in Deutschland gerade einmal 929 Journeys frisch zugelassen, ein Marktanteil von 0,6 Prozent.
Fiat will es nun besser machen und krempelt den in Mexiko gebauten Van nahezu komplett um. Nur die äußere Form ist weitgehend geblieben. Als Antrieb dient nun der Fiat-eigene Zwei-Liter-Multijet-Diesel, der unter anderem schon die Giulietta antreibt. Im alten Diesel-Journey wurde vor allem bei höheren Geschwindigkeiten jedes Gespräch vom lauten Nageln übertönt. Fiat änderte die Motoraufhängung komplett und dämmte den Geräuschpegel im Innenraum rigoros herunter.
Das Interieur selbst wurde ebenfalls weitgehend neu designt. Wo einst ein eher lieblos gestaltetes Cockpit aus Hartplastik das Auge beleidigte, ist nun ein ausmodelliertes Armaturenbrett mit griffig genarbtem Weichplastik zu finden. Die von Fiat als "Chromelemente" bezeichnete Plastik-Imitation von gebürstetem Aluminium wirkt zwar immer noch nicht sonderlich hochwertig, aber es ist zugegeben schöner als vorher.
Das Armaturenbrett ist nun deutlich übersichtlicher und klarer, alle Knöpfe und Schalter liegen gut erreichbar. Die Anzeigeinstrumente sind gut einzusehen und kämpfen nun auch nicht mehr gegen spiegelndes Sonnenlicht. Zentral in der Mittelkonsole thront jetzt ein 4,3 Zoll großes Touchscreen-Farbdisplay mit angenehm großen Berührungsfeldern. Gewöhnungsbedürftig ist allenfalls die Darstellung des Navigationssystems, das nur einen Teil des Bildschirms ausfüllt und etwas verloren wirkt.
Die Sitze sind zumindest in den ersten beiden Reihen komfortabel, auch auf längeren Strecken, und selbst für größere Personen gut einstellbar. Die zweite Reihe ist etwas erhöht, so dass man von dort aus relativ gut über die Köpfe von Fahrer und Beifahrer nach vorne sehen kann. Serienmäßig hat der Freemont eine dritte Reihe, was ihn zum potenziellen Siebensitzer macht – mit den bekannten Nachteilen: Der Durchstieg nach hinten ist trotz der weit öffnenden Hecktüren etwas akrobatisch, und nur Kinder werden sich wegen des eingeschränkten Platzangebots auf kurzer Fahrt in Reihe 3 wohlfühlen.
Doch man ist ja nicht ständig zu siebt unterwegs. Dann lassen sich die beiden hinteren Reihen zusammenklappen und komplett im Boden unterbringen. So entsteht eine ebene Ladefläche, und aus gerade mal 136 Litern Kofferraum im Siebensitzer werden bis zu 1.461 Liter. Mit zwei bestuhlten Reihen haben die Passagiere immerhin noch 472 Liter Stauraum im Rücken. Allerdings liegt der Freemont mit seinem Kofferraumangebot deutlich hinter Wettbewerbern: Konkurrenten wie der Citroën C4 Picasso (500 bis 1.951 Liter) oder der VW Touran (695 bis 1.985 Liter) bieten erheblich mehr Volumen. Ansonsten aber bietet der 4,89 Meter lange, 1,88 Meter breite und 1,69 Meter hohe Freemont viel Platz für die Passagiere. Dazu kommen insgesamt mehr als 20 Ablagen.
Vernünftige Arbeit haben die Fiat-Entwickler auch bei Fahrwerk und Lenkung geleistet. Die Federung ist immer noch weich, aber weit entfernt von amerikanischen Vorlieben. Fahrbahn-Unebenheiten werden gut geschluckt, und der Wagen lässt sich auch durchaus flott um Kurven fahren, ohne gleich auszubrechen. Die Lenkung ist bei Weitem nicht mehr so schwammig wie in den USA typisch, aber immer noch ein wenig zu leichtgängig. Zumindest im Stadtverkehr reduziert das den Kraftaufwand beim Rangieren.
Die Sechsgang-Handschaltung läuft präzise und ohne Hakeln, die Abstufung passt gut zum Motor. Berganfahrhilfe und eine wirkungsvolle Traktionskontrolle sind serienmäßig ebenso an Bord wie ein Tempomat. Für Ende 2011 ist zudem eine Version mit Allradantrieb angekündigt. Dann soll es auch ein Doppelkupplungsgetriebe mit sechs Gängen geben.
Zum Marktstart wird der Fiat Freemont in zwei Diesel-Versionen angeboten: mit 103 kW (140 PS) und 125 kW (170 PS). Beide Varianten des Zwei-Liter-Multijetmotors kommen auf das gleiche maximale Drehmoment von 350 Nm. Schon die 140-PS-Version reicht völlig aus, um den Freemont gut auf Tour zu bringen. Mit dem stärkeren Motor braucht der Freemont für den Spurt aus dem Stand auf 100 Stundenkilometer elf Sekunden und damit 1,3 Sekunden weniger als der 140-PS-Van. Zugleich liegt das Höchsttempo des kräftiger motorisierten Freemont bei 195 km/h gegenüber den 180 km/h, die die 140-PS-Version maximal erreicht.
Doch im realen Verkehrsgeschehen ist man auch mit dem gedrosselten Motor gut dabei. Er läuft rund und harmonisch und ist mittlerweile bei Fiat zum Diesel-Standard quer über die Marken avanciert. Der durchschnittliche Verbrauch soll für beide Motorisierungen bei 6,4 Liter Diesel auf 100 km liegen.
Als Einstiegspreis gibt Fiat 25.990 Euro an. Damit ist der umgebaute Dodge-Van nicht einmal teurer als der frühere Journey aus US-Produktion – aber deutlich hochwertiger.