Paolo Monferino - Don Daimler - ftd.de, 22.09.2010
Kurz vor der Rente wird es für Paolo Monferino noch einmal spannend: Der Iveco-Chef muss den italienischen Lkw-Bauer an die Börse führen. Gerüchte einer Übernahme aus Deutschland kommen da wie gerufen.
Als der italienische Lkw-Bauer Iveco seine Pressekonferenz auf der Nutzfahrzeugmesse IAA hält, bleibt der eigentliche Star im Hintergrund. Paolo Monferino , ein Italiener mit vollem Gesicht und ebenso rundem Bauch, ist in der Masse von Besuchern untergetaucht. Nicht, weil der Iveco-Chef den Fragen der Journalisten ausweichen möchte. Im Gegenteil sei er ein sehr "natürlicher Mensch", sagen Mitarbeiter. Und deshalb eines der seltenen Exemplare von Führungskräften, die lieber zwischen den Besuchern Platz nehmen statt in der Vorstandsreihe.
Das hielt Monferino auch am Mittwoch so. An dem Tag, an dem sein Unternehmen Journalisten und die Börse gleichermaßen bewegte. Die römische Zeitung "La Repubblica" hatte berichtet, dass Daimler im Sommer an der Industriesparte von Fiat Interesse gezeigt habe. Zu dieser gehört neben dem Landmaschinenhersteller Case New Holland auch Iveco. Eine Übernahme sei nur an den selbstbewussten Preisvorstellungen der Italiener gescheitert.
Auch Monferino fällt es leicht, Iveco mit Lob zu überschütten: "Das zeigt uns, dass wir eine gute Firma sind", sagte er zunächst sibyllinisch auf die Frage, ob Daimler tatsächlich nach Iveco greife. Nachdem ein Sprecher aus Stuttgart die Nachricht dementierte, wies auch Monferino die Spekulationen zurück: "Mir ist kein Interesse von Daimler an Iveco bekannt." Fiat will die Industriesparte vom Unternehmen abspalten und Anfang 2011 an die Börse bringen. Auch um leichter Kooperationen einzugehen, wie der Chef bestätigt. Da ist er mit seinem eigenen Chef, Sergio Marchionne, auf einer Linie. Das Gerücht um die Daimler-Übernahme passt Iveco bestens in Bild. Interesse treibt den Preis nach oben.
Dass Monsignore Monferino Iveco noch an die Börse bringt, gilt in Branchenkreisen als wahrscheinlich. Was dann mit dem Iveco-Chef passiert, ist nicht klar. Mit seinen 64 Jahren bezeichnet er einen baldigen Ruhestand zumindest als "Option". Allerdings heißt es, Monferino schone sich nicht gerade. Auch wenn er auf Gesprächspartner wie ein Baum wirkt - standhaft, durch nichts aus der Ruhe zu bringen -, gilt er im Arbeitsleben als quirliger Workaholic, sagen seine Mitarbeiter: "Er arbeitet rund um die Uhr."
1973, nach seinem Ingenieurabschluss in Turin, startete Monferino bei Fiat und arbeitete sich konsequent nach oben. 1981 ging er für den Fiat-Konzern in die USA, verantwortete später das operative Geschäft für Lateinamerika. Monferino spricht beinahe akzentfreies Englisch. Er gilt als Liebhaber schöner Autos - natürlich aus dem Fiat-Konzern. Sein Dienstwagen ist ein Lancia Thesis, in seiner Freizeit fährt er lieber Schätze aus vergangenen Tagen. Pünktlich zur Mille Miglia, der größten Oldtimerparty der Welt, entführt Monferino die Aurelias, Fulvias aus der Oldtimersammlung. Ob er sich durch eine Daimler-Übernahme zu einem SLS bekehren ließe? Sicuramente no!