Volkswagen jagt Marktführer Fiat in Brasilien - handelsblatt.com, 01.12.2009
Der Absatz soll bis zum Jahr 2014 auf eine Million Stück jährlich steigen. Der Konzern investiert mehr als zwei Milliarden Euro in den Fabrikausbau und in neue Produkte. Doch auch die Konkurrenz steckt Milliarden in den Wachstumsmarkt. Wie sich Volkswagen durchsetzen will.
Europas größter Autobauer Volkswagen will Marktführer Fiat im Wachstumsmarkt Brasilien vom Thron stoßen. Dazu investieren die Deutschen 2,3 Milliarden Euro in den Ausbau ihrer brasilianischen Fabriken und in die Erweiterung der Produktpalette.
VW ist zwar mit einer Produktion von in diesem Jahr voraussichtlich rund 800 000 Fahrzeugen bereits der größte Autohersteller des Landes, kommt aber seit Jahren beim Absatz nur auf Rang zwei hinter dem italienischen Rivalen.
Im vergangenen Jahr erreichte der VW-Konzern einen Marktanteil von 25 Prozent und will diesen mit einer gesteigerten Produktion von jährlich einer Million Fahrzeuge auch halten. Wie Personalvorstand Horst Neumann in einem dpa-Interview erklärte, will der Konzern nicht nur in der weltweiten Fertigung die Produktivität steigern, sondern auch im Vertrieb und in der Verwaltung.
Fußball-Sponsoring zur WM 2014
In Brasilien verstärkt Volkswagen auch seine Marketing-Anstrengungen. Der Autobauer wird bis zur Weltmeisterschaft 2014 die brasilianische Fußball-Nationalmannschaft sponsoren. Damit begleitet er seine Produktoffensive: Nach 16 erneuerten Modellen in diesem Jahr will VW do Brasil im Jahr 2010 13 neue Autos entwickeln.
Brasilien gehört für VW neben China, Russland, Indien und den USA zu den entscheidenden Auslandsmärkten der kommenden Jahre. Heute ist Brasilien nach Deutschland, Japan, China und den USA der fünftgrößte Pkw-Markt weltweit. Das Land hat damit traditionelle Automärkte wie England, Frankreich und Italien überholt.
Unter den Produzenten rangiert Brasilien auf Platz sechs weltweit. Allerdings wurde die Branche auch in Brasilien von der weltweiten Krise erwischt: Die Exportmärkte in Lateinamerika brachen ein, und der dieses Jahr um 30 Prozent aufgewertete Real hat die Ausfuhren der Branche halbiert.
Spezielle Modelle für den brasilianischen Markt
Umso wichtiger ist der lokale Absatz geworden. Die Wolfsburger haben bereits vor Jahrzehnten eigene Produktionsstätten in Brasilien aufgebaut. VW entwickelt für Brasilien spezielle Fahrzeuge wie den relativ günstigen Kleinwagen Gol, der in Europa nicht zu kaufen ist. In Südamerika wird auch der Fox gebaut, der zwar hierzulande verkauft wird, aber aufgrund der Währungsverhältnisse ein Zuschussgeschäft ist.
Das neue Investitionsbudget ist Teil der kürzlich verkündeten Gesamtinvestitionen von 26 Milliarden Euro der Volkswagen AG weltweit. In Brasilien hat der Konzern seit dem Fabrikneubau für den A3 von Audi und Golf nahe dem südbrasilianischen Curitiba vor zehn Jahren nicht mehr so viel Geld ausgegeben. Ursprünglich hatte Volkswagen lediglich Investitionen von etwa einer Milliarden Euro von 2007 bis 2011 geplant.
Hohes Wachstum in Südamerika soll Europas größtem Automobil-Hersteller auch bei seiner Aufholjagd auf den Weltmarktführer Toyota helfen. Die Japaner sollen nach konzerninternenen Vorstellungen bis 2018 eingeholt werden.
Auch General Motors und Ford wollen am Amazonas wachsen
Volkswagen ist aber nicht der einzige große Autobauer, der mit einer Amazonas-Offensive weiter wachsen will. Der knapp der Insolvenz entronnene US-Autoriese GM veröffentlichte vor vier Monaten Pläne für Investitionen von umgerechnet 800 Million Euro bis 2012.
Ford verkündete vor zwei Wochen, dass der Konzern 1,5 Milliarden Euro in Modelle und Fabriken stecken will. Fiat hatte vergangenes Jahr bereits Investitionen in Höhe von zwei Milliarden Euro bis 2012 vorgestellt.
Brasiliens nationaler Automarkt ist trotz der weltweiten Krise überraschend stabil geblieben: Mit einem Absatz von drei Millionen Fahrzeugen rechnet der Branchenverband Anfavea für dieses Jahr. Das sind sechs Prozent mehr als im Rekordvorjahr.
Der Grund für den stabilen Absatz: Zu Jahresbeginn senkte die Regierung die Steuern auf Pkw, was bei einfacheren Modellen zu Preisrückgängen von fünf bis sieben Prozent führte. Außerdem stellte sie über die staatliche Banco do Brasil umgerechnet 1,3 Milliarden Euro für Pkw-Finanzierungen zur Verfügung.