Abarth Gr. Punto Esseesse vs. Corsa OPC - ftd.de, 12.08.2009
Die neue Sportversion des Rüsselsheimer Kleinwagens und der aufgerüstete Italiener bieten flotten Fahrspaß zum vergleichsweise moderaten Preis - und sind dabei auch noch alltagstauglich.
Den augenfälligsten Unterschied gleich vorweg: Während der Opel Corsa OPC mit seinen Spoilern und Kiemen betont als Straßenfeger daherkommt, gibt sich der Abarth Grande Punto Esseesse fast schon dezent. Doch die traditionell rot lackierten Seitenspiegel verraten ihn als Sporter - ebenso wie die Sportfelgen, durch die rote Bremssättel scheinen, die schwarz umrahmten Nebelscheinwerfer, der Heckspoiler am Dach, die beiden Endschalldämpfer und das Wappen mit dem Skorpion als Ersatz für das Fiat-Logo.
Der Unterschied zum Alltagspunto hält sich in Grenzen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass der "Esseesse" als 4500 Euro teures Leistungs-Kit zum Händler kommt und dort erst den 155 PS starken 1,4-Liter-Grande Punto aufrüstet.
Der Rüsselsheimer wird dagegen schon im Werk montiert, und direkt am Band lässt sich mehr an der sportlichen Optik feilen: vorgetäuschte Kiemen an den vorderen und hinter den rückwärtigen Radhäusern täuschen die Notwendigkeit einer zusätzlichen Kühlung für heißgefahrene Reifen vor, die Halter für die Rückspiegel sind aerodynamisch ausgeformt, das Endrohr ist dreieckig und in die Mitte des Heckspoilers gerückt, hinten am Dach klebt ein kleiner Flügel. Und natürlich scheinen auch beim Corsa OPC die Sättel der Scheibenbremsen durch die Radspeichen - diesmal in der OPC-Farbe Ardenblau.
Außen wie innen ist der Corsa sportlicher
Auch wenn Abarth ihn deutlich aufwertet, so sitzt man dennoch in einem Punto - was den Spaß nur manchmal etwas mindert. Bei den Sitzen zum Beispiel. Die sind denn auch für einen Sportler ungewöhnlich hoch.
Eine kleine mattsilberne Taste unter den mittleren Lüftungsdüsen macht den Punto zum Abarth: "Sport Boost" - ein Druck darauf weckt den Sportler, die sonst zu leichtgängige Lenkung versteift plötzlich, wird deutlich direkter und präziser.
Auch innen gibt sich der Opel sportlich durchgestylter: Die Instrumente und die Düsen der Klimaanlage sind mattsilbern eingefasst, die Mittelkonsole glänzt in Klavierlack, das Plastik ringsum lässt sich angenehm anfassen, wirkt hochwertig und sehr ordentlich verbaut.
Beide Autos haben gut ausgeformte Sportsitze vorne, wobei die des Opels griffiger sind und mehr Seitenhalt geben. Zudem sind die Rückenlehnen höher. Die Sitze des Abarth liegen dagegen höher und große Fahrer können über sie hinauswachsen. Ärgerlich sind im Abarth die schwer zu erreichenden Gurtschlösser.
Alltagstugenden bleiben bewahrt
An Alltagstauglichkeit haben sowohl der Opel als auch der Abarth durch die Aufrüstung nichts verloren. Das Kofferraumvolumen ist jeweils gleich geblieben - 275 bis 1030 Liter beim Abarth, 285 bis 1050 Liter beim Corsa. Nur ein paar Festhaltesysteme für die Ladung wünscht man sich - die fliegt bei sportlicher Fahrweise noch kraftvoller durch die Gegend als sonst schon.
Die Lenkräder überzeugen in beiden Wagen. Daumen und Handballen finden jeweils fast von selbst den richtigen Platz auf den griffigen, unten abgeflachten Dreispeichen-Lenkrädern. Beide haben die nötigsten Tasten zur Fernbedienung von Radio, Telefon & Co. links und rechts griffgünstig integriert.
Die Lenkung selbst reagiert sowohl im Corsa als auch im Abarth direkt, präzise und mit dem angemessenen Kraftaufwand - beim Punto zumindest nach dem Druck auf die Sporttaste. Sonst nämlich gibt der Italiener das Stadtauto mit luftig-schwammiger Lenkung.
Beide Autos werden von Turbo-Benzinern angetrieben. Der Corsa holt dabei aus 1,6 Litern Hubraum 141 kW/192 PS und ein Drehmoment von 230 Nm, die ab 1980 U/min. anliegen. Der Abarth schafft mit seinem 1,4-Liter T-Jet-Motor 132 kW/180 PS und ein Drehmoment von 270 Nm bei 2750 U/min. Beide Wagen liegen zudem bei gut 1,2 Tonnen Leergewicht - der Abarth ist knapp 60 Kilogramm schwerer als der Opel.
Der Corsa beschleunigt in 7,2 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100, der Abarth braucht eine halbe Sekunde länger. Als Höchstgeschwindigkeit stehen beim Opel 225 Kilometer pro Stunde in den Papieren, beim Abarth sind es zehn Stundenkilometer weniger. Wer nicht gerade auf der Rennstrecke unterwegs ist, wird diese Unterschiede kaum wirklich merken.
Beim Sound überzeugt der Opel
Die Fahrwerksabstimmungen sind straff bis ruppig. Beide zirkeln zielsicher um die Kurven, bei etwas zu viel Wagemut hilft das ESP weiter. Die Sechsgangschaltung flutscht jeweils knackig und präzise durch die Kulisse, beim Opel ein Quäntchen schneller.
Wer gravierende Unterschiede sucht, der muss vor allem die Ohren aufmachen: Der Corsa OPC klingt passend zum Outfit deutlich kerniger und sportlicher. Der Abarth hat zwar hörbar auch ein paar Stunden bei den Sound-Designern verbracht, klingt im Vergleich zum Opel aber um einiges braver.
Punkte sammelt er dafür an der Tankstelle. Der offizielle Verbrauch von 6,7 Litern Super ist in einem Sportmodell ohnehin praxisfern - aber der Corsa ist mit offiziell 7,9 Litern deutlich durstiger.
Real darf man getrost zwei bis drei Liter dazurechnen. Bei Vollgasfahrten haben Corsa wie Punto keine Mühe, 30 Liter oder mehr zu verfeuern. Beide haben mit 45 Liter Tankvolumen dann eine eher eingeschränkte Reichweite.
Am Ende spricht der Verbrauch für den Italien
Im Anschaffungspreis liegen die beiden relativ nahe beieinander. Den schon gut ausgestatteten Opel Corsa OPC gibt es ab 23.100 Euro, beim Abarth Grande Punto Esseesse muss man etwas rechnen: Der Punto selbst kostet mit seinen 155 Basis-PS aktuell 18.100 Euro. Dazu kommt das Leistungskit Esseesse zum Preis von 4500 Euro - und die Einbaukosten beim Händler vor Ort noch obendrauf. Macht zusammmen rund 23.000 Euro.
Fazit: Sportliche Autofahrer, die ein Auto auch mit praktischem Alltagsnutzen brauchen und dafür nicht ein Vermögen anlegen können, werden sowohl mit dem Opel Corsa OPC als auch mit dem Abarth Grande Punto ihre Freude haben. Der Opel ist dabei eher für Extrovertierte mit mehr Lust am Sound und knackiger Optik geeignet.
Der Abarth verhehlt zwar auch nicht seine Potenziale, kommt aber etwas dezenter daher. In Sachen Verbrauch hat der moderner motorisierte Italiener die Nase vorn.