Lancia bekommt Bewährungsfrist - ftd.de 05.04.07
Der italienische Autohersteller Fiat kommt bei der Sanierung seiner Konzerntochter Lancia nur langsam voran. Die Tochtermarke peilt die Rückkehr in die Gewinnzone bis 2010 an.
"Wir machen mühsame, kleine Schritte vorwärts", sagte Lancia-Chef Olivier François der FTD. Ziel ist es, die unprofitable Marke zurück in die Gewinnzone zu führen. "Wir werden 2010 statt eines neutralen Beitrags zum Ergebnis von Fiat Group Automobiles einen erheblichen Beitrag liefern", kündigte François an.
Die Aufmerksamkeit von Fiat-Vorstandschef Sergio Marchionne richtete sich nach seinem Amtsantritt vor zwei Jahren zunächst auf die Kernmarke Fiat. Nun sollen auch Lancia und Alfa Romeo den Turnaround schaffen. François, so die Vorgabe, soll bis 2010 pro Jahr 300.000 Autos verkaufen. 2006 waren es nur 120.000 Stück. "Das ist ein ehrgeiziges Ziel, für das wir hart kämpfen müssen", sagte François.
Bringen soll die Wende der neue Kompaktwagen Delta, der 2008 vorgestellt wird. "Der Delta ist der Schlüssel zur Sanierung", sagte François. Er verspricht Kunden ein besseres Auto als das Vorgängermodell. "Der Lybra war ein Me-too-Produkt", sagte François. 2008 soll sich die neue Strategie erstmals bemerkbar machen. Für 2007 ist ein Absatz von lediglich 130.000 Autos vorgesehen. "2008 werden wir mehr investieren, die beiden Jahre danach richtig Gas geben", sagte François.
Der 44-Jährige steht unter Druck, obwohl die Schließung Lancias vorerst vom Tisch zu sein scheint: "Im Verwaltungsrat von Fiat Group Automobiles haben wir verschiedene Optionen für Lancia erwogen, darunter auch, die Marke zu schließen", sagte François. Dagegen habe der Marktanteil von knapp fünf Prozent in Italien gesprochen. "Dieser Marktanteil wäre für den Konzern verloren gegangen, deshalb haben wir eine Schließung aussortiert." Dasselbe gilt für die erwogene Beschränkung auf den italienischen Markt oder auf das Kleinwagensegment, obwohl beides naheliegend gewesen wäre.
Kleinwagen laufen am besten
Lancia erreicht seine 100.000 in Italien verkauften Autos heute zum überwiegenden Teil mit nur zwei Modellen, den Kleinwagen Ypsilon und Musa. In dieser Schwäche sieht François ein Zeichen für Lancias Potenzial: "Ypsilon und Musa sind Marktführer in ihren Segmenten in Italien. Auf dieser starken Position können wir aufbauen", sagte er.
Um gegen neue Modelle der Konkurrenz bestehen zu können, bringt François mehrmals im Jahr Sonderauflagen der beiden Wagen auf den Markt, die nun schon in ihr drittes und viertes Jahr gehen. "Es wird nicht einfach, aber wir müssen die Marktführerschaft 2007 unbedingt verteidigen. Das wäre etwas, das vorher noch niemand geschafft hat", sagte er. Erst bis 2010 sollen Nachfolger für beide Modelle kommen. François kündigte an, bis 2010 auch einen Sportwagen, ein Cabrio oder einen Wagen mit Allradantrieb anzubieten. "Alles können wir uns nicht erlauben, eins davon sicher."
Dem neuen Modell könnte der verlustträchtige Oberklassewagen Thesis, das Flaggschiff des Fiat-Konzerns, zum Opfer fallen. François: "Autos zu bauen um des Autos willen interessiert mich nicht. Ich will damit Geld verdienen. Auch ein SUV, ein Coupé oder ein großer Van wie der Phedra können möglicherweise die Funktionen eines Flaggschiffs erfüllen."
Imagekampagne außerhalb Italiens
Neben der Komplettierung der Modellpalette sollen das Händlernetz ausgebaut und außerhalb Italiens Image und Bekanntheit der Marke gestärkt werden. Die Vorgabe Marchionnes ist klar: Kosten darf die Sanierung der historischen Marke nicht viel. "Ich habe ein beschränktes Budget", sagte François. Investitionen ins Händlernetz sollen mit der Schwestermarke Alfa Romeo geteilt werden. Auch Alfa ist in der Krise und hat ähnliche Vorgaben. "Unsere Modellpalette überschneidet sich kaum. So kann ich dem Händler ein komplettes Programm anbieten", sagte er. Vor allem besserer Service soll dabei helfen, dass Lancia als Edelmarke wahrgenommen wird. "Der Plan beinhaltet, bis 2010 in Europa 20 Prozent Bekanntheit zu erreichen: Einer von fünf potenziellen Kunden muss wissen, was Lancia ist und welche Modelle wir anbieten", sagte François. Heute liegt der Bekanntheitswert in Europa bei zehn Prozent.