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schneemann

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  • »schneemann« ist der Autor dieses Themas

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Mittwoch, 5. Juli 2006, 22:31

Kollegen quälen

Kollegen quälen - wiwo.de, 03.07.06

Unternehmen+Märkte Karl-Heinz Kalbfell hat schon Rolls-Royce und Alfa Romeo geführt. Jetzt hat er seinen härtesten Job: Er soll Maserati zu neuem Glanz verhelfen.

Karl-Heinz Kalbfell ist an diesem Morgen gut gelaunt. Aber nur bis er die Beifahrertür der Limousine öffnet, die hier am Münchner Flughafen auf ihn wartet. Seine gerade noch so freundliche Miene gefriert, er fährt mit dem Finger über den Lack, auf den sich ein dünner Staubfilm gelegt hat. "Warum ist das Auto so schmutzig?", raunzt Kalbfell, der sich trotz seiner 56 Jahre die Statur aus seiner Zeit als Amateurboxer bewahrt hat. Der Chauffeur verweist zerknirscht darauf, dass es noch zu früh am Morgen gewesen sei für eine Reinigung - als Kalbfell schon den nächsten Makel entdeckt: "Die Einstiegsleisten an den Türen sind auch schmutzig. So ein Auto will ich nicht mehr sehen."

Kalbfell ist Chef von Maserati. Der zweiten Sportwagenmarke des Fiat-Konzerns neben Ferrari. Preislich etwa auf dem Niveau von Porsche, aber viel kleiner: Die Italiener haben zwei Modellreihen - neben dem Viertürer noch ein Coupé, das es auch als Cabrio (Spyder) gibt -, Porsche hat drei, eine vierte wird bald folgen. Doch schon die aktuelle Modellpalette reichte im vergangenen Jahr für 6,6 Milliarden Euro Umsatz und fast 800 Millionen Euro Gewinn nach Steuern. Maserati setzte 533 Millionen Euro um und machte einen operativen Verlust von 85 Millionen.

Doch Kalbfell, einer der eigenwilligsten Manager der europäischen Autobranche, gefällt sich in der Rolle des Underdogs. Einst war er Chef der kleinen BMW-Tochter M-GmbH, die die sportlichen Ableger der BMW-Modelle baut. Als die Bayern bei Rolls-Royce einstiegen, übernahm er dort die Führung. 2004 stieg er aus - er fühlte sich noch zu jung fürs Altenteil, wie er sagt - und wechselte zum Fiat-Konzern, wo er zunächst Alfa Romeo wieder fit machen sollte. Noch ehe er damit fertig war, wurde er zu Maserati versetzt. Rolls-Royce, Alfa, Maserati - drei Traditionsmarken, die zu kämpfen haben. Kalbfell ist ein Mann für schwere Fälle.

Dabei erregt der rund 115 000 Euro teure Quattroporte durchaus Aufsehen.

Nicht einmal der Blütenstaub auf dem schwarzen Lack - "nero carbonio" - kann verhindern, dass der viersitzige Sportwagen aus der Reihe der dunklen Limousinen auf dem Parkplatz hervorsticht. Die Lufteinlässe an den Kotflügeln erinnern an die verchromten Beschläge eines Riva Sportboots, die polierten Türgriffe an einen Bosch-Kühlschrank aus den Sechzigern. Und als der Chauffeur den Motor zum Leben erweckt, spielen die vier Rohre am Heck das Lied vom italienischen Macho. Der Motor grummelt, fordert, bellt, und manchem verblüfften Passanten ist anzusehen, dass er zu diesem Sound einen Ferrari-Renner erwartet hätte - und nicht diese von Design-Altmeister Sergio Pininfarina gestylte Limousine.

Mit ihr will Kalbfell die Kunden von Porsche, Mercedes, Audi und BMW locken. Doch leicht wird der Kundenfang nicht. Noch immer haben die Italiener mit dem Deutschen an der Spitze das Image der liebenswerten, aber unzuverlässigen und teuren Exotenmarke. Da hilft es wenig, dass Maserati am Stammsitz in Modena eine hochmoderne Autofabrik betreibt und die Autos nicht mehr kosten, als eine gut ausgestattete Mercedes-S-Klasse oder ein 7er-BMW - anders als die zum Teil doppelt so teuren Ferraris.

"Wir müssen", sagt Kalbfell, "den Leuten klar machen, dass wir erreichbarer sind als vielfach angenommen und keine exotischen Spielzeuge produzieren, sondern alltagstaugliche Autos. Nur: Dazu müssen wir die potenziellen Kunden in die Autos erst mal reinkriegen."

Maserati steht am Scheideweg: Bleibt die Verlust bringende Marke im Schatten der erfolgreichen Schwester Ferrari? Oder schaffen die Italiener den Sprung ins europäische Auto-Establishment? Seit 1998 ist der Absatz von gut 500 auf rund 5700 Autos nach oben geschossen. Doch schon bis Ende des Jahrzehnts soll der Absatz auf 9000 Stück steigen. 15 000 Autos lautet gar die langfristige Prognose von Fiat-Präsident Luca di Montezemolo. Dafür bräuchte Maserati allerdings noch ein drittes Modell.

"Porsche hat unterhalb des 911 den Boxster. Warum sollten wir so etwas nicht auch haben?", sinniert Kalbfell. Auch im Segment der sportlichen Geländewagen, das Porsche mit dem Cayenne besetzt hat, würde Kalbfell gerne auf Kundenfang gehen. Noch aber sei nichts entschieden. Einmal schon hatten die Italiener mit Audi für ein solches Projekt angebandelt, aber daraus wurde nichts.

Fürs Erste müssen zwei Baureihen reichen. Vor allem in den USA und Deutschland setzt Kalbfell seine Vertriebler unter Druck: "Unter einer vierstelligen Absatzzahl werde ich nicht müde, die Kollegen zu quälen", sagt Kalbfell an die deutschen Mitarbeiter gerichtet. Er wird viel quälen müssen. In den ersten vier Monaten des Jahres verkaufte Maserati hier zu Lande gerade einmal 147 Autos. Kalbfell versucht nun, den Anteil an Leasingfahrzeugen zu erhöhen, um mehr Geschäftskunden zum Umstieg auf einen Maserati zu bewegen.

Unter hohem Erfolgsdruck stand Kalbfell schon bei Alfa Romeo. Als Chef der Traditionsmarke wollte er den Absatz von 170 000 auf 300 000 Fahrzeuge pro Jahr steigern. Und auch bei Alfa waren BMW, Mercedes und Audi die erklärten Gegner.

Damals ahnte er allerdings noch nicht, dass für ausländische Manager bald schwere Zeiten im Fiat-Konzern anbrechen würden. Fiat-Chef Herbert Demel musste gehen, Maserati-Chef Martin Leach ebenfalls. Kalbfell durfte zwar auf Leachs Stuhl Platz nehmen, musste dafür aber Alfa Romeo, für viele die Perle des angeschlagenen Konzerns, abgeben. Ein Tiefschlag für den Wirtschaftsingenieur.

Doch Kalbfell steht noch. "Es gibt sicherlich Schlimmeres für einen Manager in meinem Alter, als in Italien zu leben und einer der traditionsreichsten Sportwagenmarken vorzustehen", sagt der Mann, der nicht nur Autos, sondern auch Motorräder liebt, eine pfeilschnelle Ducati 916 SP besitzt und in seiner Freizeit gern mit dem Nürburgring-Rundenrekordhalter Helmut Dähne seine Runden dreht.

Die notwendigen Mittel für die Entwicklung neuer Modelle und zur Pflege der bestehenden habe ihm der Mutterkonzern zur Verfügung gestellt, sagt Kalbfell nicht ohne Stolz. Geld, das er unter an- derem für den Nachfolger des Maserati Coupés braucht, das oberhalb von BMW-6er und Mercedes SL positioniert sein und auch den Porsche 911 herausfordern soll.

Dass seine Fahrzeuge das Potenzial dazu haben, daran zweifelt der Autoenthusiast nicht. Zum Quattroporte müsste man eigentlich einen Gebetsteppich mitliefern, feixt er. Dann streicht er mit der Hand über das terrakottafarbene Leder der Vordersitze. "Eine Naht darf nicht aussehen, als hätte sie ein Roboter gezogen. Was Sie brauchen, sind winzig kleine Ungenauigkeiten, damit man die Handarbeit sieht." Da, wo kein Leder das Interieur bedeckt, ist der Innenraum mit schwarzer Kohlefaser ausgeschlagen. Der schwülstige Look von einst, als Maserati-Armaturenbretter noch mit hellem Alcantara bezogen waren und das Holz im Innenraum eher zu einem Kaminzimmer als zu einem Auto passte, ist moderner Eleganz gewichen. Auch die Qualität ist spürbar besser. Nur die grellgrünen Leuchtanzeigen der Klimaanlage erinnern kurz daran, aus welchem Konzern dieses Auto stammt. Der von Ferrari zugelieferte Achtzylinder tut das auf wohltuende Weise auch.

Von einem Ferrari-Motor will Kalbfell trotzdem nichts wissen.

Zylinderkopf, Ventilsteuerung, Zündfolge, die gesamte Motorelektronik, das sei alles speziell für Maserati ausgelegt, erklärt er.

Zu viel Technikverliebtheit und zu wenig Gespür fürs Marketing würde er bei seinen Leuten noch antreffen, sagt Kalbfell. Dann erzählt er von einem Motorenentwickler, der neulich bei einer Besprechung im Nebensatz fallen ließ, seine Mannschaft habe den Kraftstoffverbrauch um bis zu 19 Prozent reduziert. "Das müssen die Kunden doch wissen", ruft Kalbfell. "Das vermutet man doch nicht so einfach."

Mangelnden Enthusiasmus sieht Kalbfell dagegen bei manchem Verkäufer. "Ihr müsst die Leute in die Autos reinbringen, und ihr müsst ihnen das Auto erklären", predigt er seinen Händlern. Einige Kunden beschwerten sich etwa über die sequenzielle Schaltung, die an den Rennsport angelehnt ist. Für Kalbfell ganz klar das Resultat mangelnder Unterweisung: "Nur für ein Wochenende den Schlüssel in die Hand drücken, reicht nicht aus."

Der schwarze Quattroporte hechtet durch das Kurvengeschlängel rund um den Starnberger See, nur wenige Kilometer von Kalbfells Zweitwohnsitz im Münchner Stadtteil Nymphenburg entfernt. Die Schaltung mit den Wippen hinter dem Lenkrad wechselt sanft und schnell die Gänge. Klar sei die aufwendige Technik von Ferrari adaptiert, sagt Kalbfell. "Ferrari hat hier unerreichte Kompetenz, und warum sollte Maserati so etwas dann selbst entwickeln?" Also doch ein Baby-Ferrari? Kalbfell blickt kurz von der Straße auf. "Wir bewegen uns am oberen Level des Autogeschäfts", sagt er, um dann mit unüberhörbarer Ehrfurcht hinzuzufügen: "Ferrari dominiert die Sportwagenwelt."